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Multidimensionale Messung beruflicher Selbstwirksamkeit von Lehrkräften

MULTI-SELF-L

Publikationsdatum: 06.11.2024

Autoren

Autoren:
Künsting, J.; Holtkemper, M.

Einreichender Autor:
Prof. Dr. phil. Josef Künsting - Institut für Psychologie, Pädagogische Hochschule Freiburg / University of Education

Einsatzbereich

Der MULTI-SELF-L ist in der Zielgruppe von Lehrkräften aller Schulformen, Fächer und Altersklassen anwendbar. Neben einer Stichprobe von Lehramtsstudierenden liegen vor allem Daten aus Stichproben berufstätiger Lehrkräfte unterschiedlicher Schulformen, Fächer und Altersgruppen vor. Mit dem MULTI-SELF-L existiert für den deutschen Sprachraum erstmals ein multidimensional zwischen 12 Facetten der Lehrer-Selbstwirksamkeit differenzierendes und validiertes Instrument. Zum einen dient der MULTI-SELF-L der Forschung, da, im Vergleich zu Instrumenten mit nur einer oder nur wenigen Dimensionen, die Aussagekraft deutlich steigt, wenn Lehrer-Selbstwirksamkeit differenzierter erfasst und fokussiert auf spezifische Facetten geprüft wird, welche Zusammenhänge z.B. mit je korrespondierenden Merkmalen der Unterrichtsqualität bestehen. Durch diesen Zuschnitt ist ermittelbar, ob und wie sehr die Stärke von Zusammenhängen (z.B. mit Kompetenz in effektiver Klassenführung) und Gruppenunterschieden (z.B. zwischen Lehrkräften verschiedener Schulformen) abhängig davon variiert, welche Selbstwirksamkeitsfacette aus welchem Anforderungsbereich in eine Analyse eingeht. Variieren kann auch die Stabilität der Selbstwirksamkeit je nach betrachteter Facette, da manche Selbstwirksamkeitsfacetten relativ zeitstabil, andere hingegen im Zeitverlauf signifikant sinken oder steigen könnten, was mit eindimensionalen bzw. nur wenig differenzierenden Instrumenten maskiert bzw. nur sehr begrenzt ermittelbar ist. Die für Veränderungsmessungen erforderliche Messinvarianz konnte für den MULTI-SELF-L gezeigt werden. Zum anderen kann der MULTI-SELF-L eine Bereicherung für praxisbezogene, förderdiagnostische Fragestellungen sein. Der MULTI-SELF-L erlaubt durch sein hohes Ausmaß an Differenzierung den passgenauen Zuschnitt einer etwaigen Förderung auf je individuelle Bedarfe (z.B. könnte eine wenig erfahrene Lehrkraft eine hohe Selbstwirksamkeit in lernwirksamer Instruktion im allgemeinen Unterricht besitzen, aber eine niedrige im Umgang mit tiefgreifend entwicklungsgestörten Kindern im inklusiven Unterricht). Bausteine einer Förderung können motivational-affektiv (z.B. attributionales Feedback), kognitiv (z.B. Wissenserweiterung) und aktional (z.B. Erwerb konkreter praktischer Handlungskompetenz) sein (z.B. im Rahmen einer Lehrerfortbildung).

Beschreibung des Verfahrens / Abstract

Grundsätzlich kann Selbstwirksamkeitserwartung nach Bandura (1997) definiert werden als von einer Person individuell eingeschätzte eigene Handlungsfähigkeit in zukünftigen Anforderungssituationen. Die berufsspezifische „Lehrer-Selbstwirksamkeitserwartung“ (kurz: „Lehrer-Selbstwirksamkeit“) ist definiert als Zuversicht einer Lehrkraft, mit der sie selbst erwartet, bevorstehende berufliche Anforderungen (auch wenn diese schwierig sind) aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können (vgl. z.B. Künsting et al., 2016).

Das Konstrukt der Selbstwirksamkeit spielt in der sozial-kognitiven Theorie nach
Bandura eine zentrale Rolle bei der Erklärung menschlichen Verhaltens im Rahmen des
triadisch reziproken Determinismus (Bandura, 1986). Mit Blick auf im Lehrberuf
relevantes Verhalten prädiziert die Lehrer-Selbstwirksamkeit gemäß zahlreichen
empirischen Studien wichtige Kriterien auf mehreren Ebenen (emotional, motivational,
kognitiv, aktional) im Kontext von Schule, Unterricht und Lehrergesundheit (im Überblick:
Tschannen-Moran, Woolfolk Hoy & Hoy, 1998; Zee & Koomen, 2016). Nach Schwarzer
und Hallum (2008) ist die Lehrer-Selbstwirksamkeit ein protektiver Ressourcenfaktor.

Gegliedert in drei übergeordnete Anforderungsbereiche, misst der MULTI-SELF-L 12
Dimensionen (Skalen) der Lehrer-Selbstwirksamkeit (vier Items je Skala; insg. 48 Items).
Anforderungsbereich (A) „Allgemeiner Unterricht“ beinhaltet sechs Skalen der Lehrer-
Selbstwirksamkeit: 1. „Diagnostische Kompetenz“, 2. „Effektive Klassenführung“, 3.
„Lernwirksame Instruktion“, 4. „Strukturierung“, 5. „Motivationsförderung“, 6. „Umgang
mit Kollegen und Eltern“. Anforderungsbereich (B), „Inklusiver Unterricht“, berücksichtigt
folgende drei Skalen: 1. „Individuelle Bedürfnisse körperlich beeinträchtigter Kinder“, 2.
„Individuelle Bedürfnisse tiefgreifend entwicklungsgestörter Kinder“ und 3. „Kooperation
im inklusiven Unterricht“. Anforderungsbereich (C) „Integrativer Unterricht“ (mit
Geflüchteten) umfasst ebenfalls drei unterschiedliche Skalen: 1. „Umgang mit Folgen
des Gewalterlebens“, 2. „Umgang mit Sprachschwierigkeiten“ und 3. „Umgang mit
sozialer Integration “. Neben der Vollversion des Fragebogens stehen auch drei Teilversionen zur Verfügung, die auf jeweils nur einen Anforderungsbereich (A, B oder
C) fokussieren. Es können alle oder einzelne ausgewählte Skalen genutzt werden.

Psychometrische Kennwerte
Aufgrund der sehr sorgfältigen und umfangreichen psychometrischen Evaluation des Testverfahrens und seiner Untertests wird an dieser Stelle auf eine Darstellung der Testkennwerte verzichtet. Alle relevanten Angaben finden sich im Testmanual.

Zitation
Bitte zitieren Sie diese Testveröffentlichung wie folgt:
Künsting, J. & Holtkemper, M. (2024). Multidimensionale Messung beruflicher Selbstwirksamkeit von Lehrkräften (MULTI-SELF-L). Psychometrikon - Psychologisch-medizinisches Testportal (S. Gauggel & T. Forkmann; UK Aachen). Zugriff unter: https://www.psychometrikon.de/test/?id=cf1154bfcd4efd77b0d7dc581ef2cca6

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